26. April 2001 - Thüringer Allgemeine / Leidensweg Jesu schlicht und glaubwürdig nachgestellt

LESERPOST: Zu den Passionsspielen in Küllstedt

Ein großes Dankeschön und ein ebenso großes Lob den Küllstedtern für ihre Passionsspiele. In erster Linie nicht für ihre Leistung, die aller Ehre wert ist, sondern vor allem dafür, dass sie es verstanden haben, das Geschehen des Leidensweges Jesu nicht showhaft, sondern sehr glaubwürdig – schlicht und einfach seiner Würde entsprechend darzustellen.

 

Weiterlesen: Damit haben sie miterleben lassen, was sich zugetragen hat. Damit haben sie in Bilder umgesetzt, was man normalerweise nur in verbaler Form vermittelt bekommt. Und das nicht in spektakulärer, sondern in eher zurückhaltender schlichter Weise, behutsam, die Würde des Geschehens respektierend, nicht in der Absicht schauspielerischer Topleistung, sondern verkündigender Darstellung. Ein ganz wesentliches und wichtiges Bemühen in einer Zeit, in der Menschen eher dem Bild als dem Wort zugeneigt sind und in der ihnen gerade dieses, für uns so wichtige Geschehen aus den Augen zu geraten droht.


Imposant die aufwendige aber lohnende Darstellung der Situation im Tempel, die die Tempelreinigung und die unmissverständliche Aufforderung Jesu dazu geradezu als geboten erscheinen lässt.
Lob den Jüngern für ihre realistische Darstellung einer konkreten menschlichen Gemeinschaft, die bei weitem keine Elitetruppe war, im Gegenteil, was für ein mieser Haufen diese zwölf, aber umso tröstlicher für unsere Gemeinden. Wir müssen nicht besser sein als Menschen nun mal sind und als seine unmittelbare Gefolgschaft es war. Wir alle sind so angenommen wie wir sind, ist das nicht tröstlich? Was nicht heißt, dass bei uns alles so bleiben muss.
Beim Christusdarsteller liegt mein größtes Problem bei  Passionsspielen. Kann man Christus überhaupt darstellen? Ist das eigentlich wirklich möglich? Ich halte das eigentlich für eine Unmöglichkeit, wenn nicht gar für eine Anmaßung. Umso anerkennenswerter das Bemühen des Darstellers, schlicht, zurückhaltend und sehr bescheiden darzustellen, was eigentlich gar nicht darzustellen ist, ganz Mensch und doch Gottessohn.


Der Autor des Drehbuches hat sich viel Mühe gemacht, offenbar aus allen vier Evangelien zusammenzuschreiben, was am Ende zur schnittigen Darstellung des Geschehens führt.
Die Regie hatte viele gekonnte Einfälle für das Auftreten einzelner Darsteller völlig unterschiedlicher Typen. Eine gute Besetzung der einzelnen Rollen: Vom zu lobenden Christusdarsteller einmal abgesehen, war Petrus, obwohl ich mir den noch entschlossener gewünscht hätte, als den sprichwörtlichen Fels in der Brandung; Judas, überzeugend vom Kalkül bis zur Reue; Kaiphas, ein fieser Kerl, aber überzeugend dargestellt; Pontius Pilatus, machtbewusst aber nicht unbefangen, in höherem Auftrag aber abhängig, letzten Endes eine Marionette von den verschiedensten Interessen bewegt; die Magd, geradezu diabolisch und für ihren Teil erfolgreich bei Petrus. Maria Magdalena, die auf sehr eindrucksvolle Weise Einblicke in ihr Gefühlsleben gibt; Mutter Maria und Johannes überzeugend in ihrer Trauer wie in ihrer jesuanischen Bestimmung, für einander Mutter und Sohn zu sein. Zu bewundern auch so manche gekonnte Lösung das Bühnenbild betreffend und seine Veränderungen.


In aller erster Linie aber Dank den vielen Gemeindemitgliedern, die sich bereit gefunden haben, das Passionsgeschehen zu gestalten. Nicht zu vergessen jene, die hinter der Bühne die alle notwendigen technischen Arbeiten in Vorbereitung der Aufführungen bewältigt haben. Sie werden auch jetzt nach den Spielen noch ausreichend zu tun haben. Auch jene, die musikalisch durch Gesang und Instrument begleitet haben. Sie haben ganz wesentlich zu einer dem Geschehen gerechtwerdenden Atmosphäre beigetragen. Die Beleuchter und Tontechniker ebenso.
Wer nicht dabei war, hat etwas verpasst.
Klaus Schulze, Leinefelde

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